Wirksame Einberufung der Gesellschafterversammlung

Wenn sich geschäftsführende Gesellschafter streiten und ihr Clinch ausartet, ist es oft nicht mehr weit bis zur Abberufung des Geschäftsführers. Für einen entsprechenden Beschluss aber muss die Gesellschafterversammlung wirksam einberufen werden. Was passieren kann, wenn dabei formale Fehler gemacht werden, zeigt ein Urteil des BGH.

Bei dem Familienunternehmen Maxxsecurity GmbH* im Rheinland hängt der Haussegen schief: Michael Wachmann* liegt mit seinem Onkel Walter Wernz* und dessen Sohn Holger* über Kreuz, weil dieser als Geschäftsführer unabgestimmt für sich einen neuen Panamera geleast hat und zugleich einige wichtige Aufträge geplatzt sind. Wachmann ist mit 49% der größte Einzelgesellschafter, wobei seine beiden Verwandten zusammen über 51% der Anteile verfügen.

Offener Schlagabtausch zwischen verfeindeten Geschäftsführern

Wachmann, vormals Geschäftsführer, will Holger Wernz abberufen und verlangt von ihm, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen – was der natürlich ablehnt. Also lädt Wachmann selbst ein und rückt die Stühle zurecht: er beschließt die Abberufung seines Cousins sowie die Kündigung dessen Anstellungsvertrags und bestellt sich wieder zum Geschäftsführer. Das wiederum lässt sich Holger Wernz nicht bieten und lädt als Geschäftsführer der Maxxsecurity GmbH zu einer Gesellschafterversammlung, auf der er mit einfacher Mehrheit die Abberufung Wachmanns und die Bestellung seines Vaters zum Geschäftsführer beschließt. Zwischenzeitlich wird rechtskräftig durch Gerichte festgestellt, dass der zunächst weiterhin im Handelsregister als Geschäftsführer eingetragene Holger Wernz wirksam abberufen worden war.

Abberufener Geschäftsführer kann Gesellschafterversammlung nicht mehr einberufen

Wachmann klagt gegen diese Beschlüsse und bekommt Recht. Was der BGH in seinem Urteil vom 8. November 2016 (II ZR 304/15) dazu ausführt, liest sich für Geschäftsführer in streitanfälliger Umgebung durchaus instruktiv:

  • Die Gesellschafterversammlung wird durch den Geschäftsführer einberufen. Sind mehrere Geschäftsführer vorhanden, so hat jeder einzelne dazu das Recht – selbst wenn keine Einzelvertretungsbefugnis besteht.
  • Wird ein geschäftsführender Gesellschafter wirksam abberufen, so ist er nicht mehr befugt, die Gesellschafterversammlung als Geschäftsführer einzuberufen.
  • Will der Abberufene die Gesellschafterversammlung als Minderheitsgesellschafter einberufen, muss er das in § 50 GmbHG vorgesehene Verfahren einhalten: wenn ihm mindestens 10% des Stammkapitals gehören, hat er anzugeben, was er mit der Einberufung bezweckt und wie er sie begründet. Sind diese formalen Anforderungen erfüllt, ist der Geschäftsführer zur Einberufung verpflichtet.

Keine entsprechende Anwendung des Aktienrechts

Der BGH hat sich detailliert damit beschäftigt, ob der abberufene GmbH-Geschäftsführer eine Gesellschafterversammlung dann einberufen darf, wenn er im Handelsregister noch eingetragen ist. Hintergrund: für die Aktiengesellschaft gilt, dass eingetragene Vorstände als befugt gelten, die Hauptversammlung einzuberufen. Ob sich dies auf die GmbH anwenden lässt, ist unter Juristen umstritten gewesen. Der BGH hat eine analoge Anwendung nun ausdrücklich verneint – denn bei einer AG sind es nicht die Aktionäre, sondern es ist der Aufsichtsrat, der den Vorstand bestellt und abberuft. Um Rechtssicherheit bezüglich der Einberufung zu haben, müssen Aktionäre daher anhand der Handelsregister-Eintragung prüfen können, ob berechtigt geladen wird. Bei einer GmbH ist dies anders, weil dort die Gesellschafter darüber entscheiden, ob ein Geschäftsführer bestellt oder abberufen wird.

Ist ein faktischer Geschäftsführer einberufungsbefugt?

Ob Holger Wernz als faktischer Geschäftsführer befugt war, die Gesellschafterversammlung einzuberufen, hat der BGH nicht entscheiden müssen, weil Wernz nicht die entsprechenden Kriterien erfüllt hat. Denn dazu hätten die von ihm tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung konkreter dargelegt werden müssen. Dies hätte Wernz möglicherweise geholfen, denn einige Gerichte (z.B. das OLG Düsseldorf, GmbHR 2004, 572, 578) haben bereits entschieden, dass auch faktische Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung wirksam einberufen können.

*Namen und Firmenbezeichnung geändert

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