Manchmal hat es familiäre Gründe, manchmal geht es um einen Gefallen oder man hat es schlicht vergessen bzw. verdrängt: jemand ist als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen, faktisch aber führt eine andere Person die Geschäfte – ein Verwandter, Bekannter oder der fachlich zuständige Kollege im Konzern. Kommt es zu Verfehlungen, besteht ein persönliches Haftungsrisiko für das eingetragene, aber inaktive Organmitglied – beispielsweise mit Blick auf steuerliche Pflichten, wie der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 15.11.2022 (VII R 23/19) entschied.
Er hat sein Lebenswerk längst in die Hände seines Sohnes gelegt: alle Anteile an seiner Zahntechnik Wenner GmbH* hat der noch rüstige Wilfried Wenner* (75) im Wege der vorweg genommenen Erbfolge auf Sohn Wolfgang (35) übertragen, ist jedoch Geschäftsführer geblieben – weil er zwar nicht mehr operativ arbeiten, aber dennoch dabeibleiben möchte. Wolfgang ist ein guter Zahntechniker mit zugleich geringem Interesse an lästigen Formalitäten.
Steuerliche Verfehlungen mehren sich
Hatte sich der Senior nach leidigen Erfahrungen vormals selbst um Steuerthemen gekümmert, so behandelt der Junior als Prokurist dies eher dilatorisch. Voranmeldungen, Zusammenfassende Meldungen und Steuererklärungen werden zu spät abgegeben. Regelmäßig gehen gelbe Briefe vom Bundeszentralamt für Steuern und Mahnungen des Finanzamts ein.
Erst die Steuerfahndung, daraufhin die Insolvenz
Das Unternehmen gerät in Liquiditätsprobleme und im Antlitz der Krise wird der Junior kreativ. Scheinrechnungen tatsächlich nicht-existierender Firmen und beleglose Buchungen für angebliche Wareneinkäufe und Fremdleistungen werden in die Buchführung eingestellt und fließen in die Jahressteuererklärungen sowie Umsatzsteuervoranmeldungen ein. Vater Wilfried bemerkt von alledem nichts. Nachdem die Steuerfahndung aktiv geworden ist, stellt das Finanzamt einen Insolvenzantrag gegen die Zahntechnik Wenner GmbH. Doch dort ist nichts zu holen.
Schließlich folgt der Haftungsbescheid
Mangels Masse fordert das Finanzamt schließlich Wilfried Wenner persönlich auf, die Steuerschulden zu begleichen. Vor dem Finanzgericht wird über die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids gestritten.
Die Entscheidung des Gerichts
Der Bundesfinanzhof entscheidet letztendlich, dass der Geschäftsführer persönlich haftet,
– weil er die steuerlichen Pflichten objektiv verletzt hat; dies kann z.B. durch Nichtabgabe der Steuererklärungen zur Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer und/oder Abgabe unzutreffender Steuererklärungen zur Körperschaftsteuer und/oder Nichterfüllung fälliger Steueransprüche geschehen;
– auch wenn die Geschäfte der GmbH faktisch durch eine andere Person geführt werden;
– da die objektive Pflichtwidrigkeit des Verhaltens das Verschulden indiziert und dass sich niemand auf das eigene Unvermögen berufen kann, den Aufgaben eines Geschäftsführers nachzukommen;
– da derjenige, der den Anforderungen an einen gewissenhaften Geschäftsführer nicht entsprechen kann, von der Übernahme des Geschäftsführeramtes absehen bzw. dieses Amt niederlegen muss;
– da derjenige, der die Stellung eines Geschäftsführers formell übernimmt, persönlich haftet, sofern ihm auch der Vorwurf persönlichen Verschuldens mindestens vom Grad der groben Fahrlässigkeit gemacht werden kann – und zwar grundsätzlich auch dann, wenn er nicht befähigt oder aus irgendwelchen Gründen nicht in der Lage ist, seinen Überwachungsaufgaben nachzukommen.
Für die Praxis ist daher Folgendes zu beachten und zu empfehlen:
Wer zum Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied bestellt und im Handelsregister eingetragen ist, sollte […]
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