Kommt es zu einem Schadensersatzprozess gegen einen Geschäftsführer oder Vorstand, so kann dieser sich nicht durch externe Berater entlasten, wenn er über eigene Expertise in dem jeweiligen Bereich verfügt. Zudem muss er detailliert aufzeigen, welche Fragen er dem Berater gestellt und was dieser geantwortet hat. Darüber hinaus hat er die Tatsachen für die Berater umfassend aufzubereiten und eine eigene Plausibilitätskontrolle der Beratungsergebnisse vorzunehmen.
Dies hat das OLG Düsseldorf mit Blick auf einen Finanzvorstand mit Urteil vom 15.01.2015 (Az.: I-6 U 48/14) entschieden. In dem Fall hatte der Vorstand einer Aktiengesellschaft mehrjährige Forward-Swapverträge im Umfang von zunächst 100 Mio. € abgeschlossen – allerdings dienten diese nur teilweise der Zinssicherung und waren somit partiell spekulativ, weil eine Anschlussfinanzierung nicht in voller Höhe sichergestellt war. Später kamen die zeitlich und volumenmäßig kongruenten Grundgeschäfte nicht zustande und das Unternehmen geriet in die Insolvenz. Der Vorstand wurde schließlich durch den Insolvenzverwalter verklagt und vom OLG Düsseldorf zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt.
Voraussetzungen der Business Judgment Rule
Generell gilt, dass ein Geschäftsführer oder Vorstand keine Pflichtverletzung begeht, wenn er bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohl des Unternehmens zu handeln. Nach dieser sog. Business Judgment Rule muss das Unternehmen darlegen, dass und inwieweit ihm ein Schaden durch ein möglicherweise pflichtwidriges Handeln des Organmitglieds in dessen Pflichtenkreis entstanden ist. Gelingt dies, so muss der Manager darlegen und beweisen, dass er nicht pflichtwidrig oder nicht schuldhaft gehandelt hat bzw. der Schaden auch bei pflichtgemäßem Handeln eingetreten wäre.
Keine Entlastung durch Expertenrat bei eigener Expertise
Im entschiedenen Fall zog sich der beklagte CFO darauf zurück, dass er sich bei den Vertragsverhandlungen bezüglich der Zinsabsicherung von hochspezialisierten Bankmitarbeitern und von bankrechtlich erfahrenen Anwälten habe beraten lassen. Das OLG Düsseldorf urteilte, dass eine Entlastung durch Einholung von Expertenrat nur dann in Betracht komme, wenn dem Organmitglied eigenes Fachwissen fehlt. Inwieweit ihm als Finanzvorstand die fachliche Expertise bei einem Zinssicherungsgeschäft gefehlt hat, müsse der CFO im Rechtsstreit darlegen.
Grundlagen und Verlauf der Beratung dokumentieren
Zudem müsse der Top-Manager vortragen, welche Inhalte die Beratung hatte, welche Fragen er gestellt hat und ggf. wie diese beantwortet wurden. Mit Blick auf die anwaltliche Beratung müsse zudem ausgeführt werden, inwieweit sich diese auf die im konkreten Fall relevanten – gerade nicht juristischen – Fragestellungen bezogen hat.
Sorgfältige Sachverhaltsaufbereitung für Berater
Des Weiteren reiche eine schlichte Anfrage bei einer für kompetent gehaltenen Person grundsätzlich nicht aus. Vielmehr müsse das Organmitglied den für die rechtliche Bewertung relevanten Tatsachenstoff umfassend darstellen und sich auf dieser Basis von einem sorgfältig ausgewählten, unabhängigen und für die zu klärende Fragestellung fachlich qualifizierten Experten beraten lassen. Schließlich müsse die erteilte Auskunft einer eigenen, sorgfältigen Plausibilitätskontrolle unterzogen werden, entschied das OLG Düsseldorf unter Verweis auf BGH-Rechtsprechung.
Empfehlungen für die Praxis
Der vorliegende Fall unterstreicht einmal mehr, dass sich Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder nicht allein auf Berater verlassen dürfen und zudem das Fehlen eigener Fachkompetenz konkretisieren müssen, wenn sie sich in ihrem Fachgebiet auf Berater stützen. Ferner sollten Organmitglieder im Tagesgeschäft und erst recht bei Entscheidungen von großer Tragweite sorgfältig schriftlich festhalten, auf welcher Informationsbasis sie entschieden und was genau sie mit den Beratern erörtert haben. Dazu empfiehlt sich die Einschaltung eines neutralen Beraters, der den Entscheidungsprozess und die haftungsrechtlich relevanten Vorgänge professionell im Sinne eines Logbuchs gerichtsfest dokumentiert.