Ganz gleich, ob es um ein neues Geschäftsfeld oder einen Kauf von Sachanlagen geht: bei jeder Investition schwingt stets das Risiko eines Fehlschlags mit. Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass zu teuer gekauft wurde oder das Investment sich nicht wie geplant amortisiert, wird schnell nach dem Schuldigen gesucht – wie in dem vom Oberlandesgericht Brandenburg mit Urteil vom 15.07.2020 (7 U 141/09) entschiedenen Fall.
Peter Bechtold* und sein Kollege Markus Schulz* sind Vorstandsmitglieder der Immowert eG. Die ostdeutsche Baugenossenschaft erwirbt Grundstücke und bebaut sie mit Mehrfamilienhäusern. Die Wohnungen überlässt sie ihren Genossen mit einem mietähnlichen Dauerwohnrecht. Ein weiteres Standbein ist der Bau von Eigentumswohnungen in Eigenregie und deren Verkauf.
Es ist Spätsommer, als Bechtold und Schulz ein neues Bauprojekt vorbereiten. „Das Areal befindet sich in hochwertiger Lage und die Ausstattung der Wohnungen liegt über dem Niveau der bisherigen Bauabschnitte. Da sind 10 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter realistisch“, schätzt Bechtold und lässt diese Aussage in einen Wirtschaftsplan einfließen, der dem Aufsichtsrat als Tischvorlage präsentiert wird.
Aufsichtsrat folgt dem Vorschlag des Vorstands
Im Rahmen der Aufsichtsratssitzung wird über das Bauprojekt und die alternative Lösung diskutiert, anstatt der Vermietung einen Verkauf von Wohnungen anzugehen. Das lehnt der Aufsichtsrat ab und beschließt, dem Vorschlag des Vorstands zu folgen, Wohnungen zu bauen und zu vermieten auf Basis der Prognose zur Höhe der Mieteinnahmen. Direkt nach der Aufsichtsratssitzung kontaktieren Bechtold und Schulz das Architekturbüro und schließen mit diesem einen Vertrag bezüglich Planung und Durchführung der Bebauung. Außerdem nehmen sie für Immowert einen Kredit über 4,1 Millionen Euro auf bei einem Zinssatz von 6 Prozent und einer jährlichen Tilgung von 1 Prozent.
Bauprojekt verläuft anders als geplant
In der Folgezeit wird das Bauprojekt vorangetrieben. Doch es kommt zu Verzögerungen und auch das Budget wird wegen gestiegener Rohstoffpreise überzogen. Letztlich zahlt Immowert insgesamt 5,4 Millionen Euro für das neue Objekt. Nach anderthalb Jahren Bauzeit wird das Gebäude feierlich eröffnet. „Damit haben wir einen weiteren Meilenstein in der Firmengeschichte der Immowert erreicht“, hebt Bechtold bei der Einweihung noch hervor. Allerdings zeigt sich bald, dass dieser Meilenstein allen Entscheidungsträgern noch lange negativ in Erinnerung bleiben wird. Denn die Genossen zeigen kein Interesse, für 10 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter einzuziehen. Um das Gebäude vor Leerstand zu bewahren, wird die Miete auf 8,50 Euro reduziert. Die ersten Genossen ziehen ein, aber die wirtschaftliche Lage der Immowert verschlechtert sich deutlich. Denn die geringeren Mieteinnahmen decken nicht einmal die Darlehenszinsen und die Kosten der Grundstücksunterhaltung.
Es kommt zur Unternehmenskrise…
Im Rahmen einer Krisensitzung des Aufsichtsrats wird die prekäre Liquiditätslage der Immowert kontrovers diskutiert. Es hagelt Vorwürfe in beide Richtungen: Bechtold und Schulz wird vorgehalten, die Aufseher nicht richtig informiert zu haben. „In der Wirtschaftlichkeitsberechnung haben Sie die Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten und Mietausfall nicht berücksichtigt“, moniert Aufsichtsratschef Jochen Weber. Doch davon wollen Bechtold und Schulz nichts wissen: „Wir haben alles richtig gemacht. Es hat sich nur anders entwickelt als gedacht. Dass unternehmerische Risiko, dass die Miete nicht erzielt werden konnte, kann nicht bei uns liegen. Der Aufsichtsrat hätte das Projekt ja auch kritischer hinterfragen können.“
…und zum Zerwürfnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat
Es kommt zum Zerwürfnis. Bechtold und Schulz legen ihre Ämter nieder. Man einigt sich darauf, dass der Anstellungsvertrag aufgehoben wird und beide Ex-Vorstände auf ihre Abfindung verzichten. Zugleich wird ihnen Entlastung erteilt. Nachdem sich die Wege getrennt haben, machen Bechtold und Schulz noch offene Gehaltsforderungen geltend und verklagen Immowert. Doch der Aufsichtsrat lässt Widerklage für das Unternehmen erheben und fordert Schadensersatz aufgrund des verlustreichen Bauprojekts. In der ersten Instanz siegen Bechtold und Schulz; das Oberlandesgericht aber weist ihre Gehaltsforderungen zurück, weil sie durch Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen der Immowert erloschen seien.
In der Entscheidung des Gerichts heißt es:
– Eine Haftung wegen Pflichtverletzungen kommt erst in Betracht, wenn die Geschäftsleitung ein „hohes unabweisbares Risiko“ eingeht, für dessen Übernahme ein vernünftiger Grund nicht erkennbar ist.
– Eine Schadensersatzpflicht der Geschäftsleitung besteht, wenn sie dem Aufsichtsrat ein Bauvorhaben vorschlägt, obwohl nicht absehbar ist, ob die für die Rentabilität des Vorhabens erforderlichen Miethöhe in absehbarer Zeit erreichbar ist.
– Geschäftsleiter dürfen dem Aufsichtsrat nicht empfehlen, ein nicht kostendeckendes Vorhaben zu beginnen. Sie müssen auf einen zu erwartenden Verlust hinweisen und dürfen eine Unterdeckung in unbestimmter, nicht prognostizierter Höhe für eine ungewisse Zeit nicht hinnehmen.
Für die Praxis ist daher Folgendes zu beachten und zu empfehlen:
– Unabhängig von der Art eines Projekts oder einer Investition sollte […]
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