Compliance-Organisation: Pflicht des Vorstands

Schmiergeldzahlungen und Manipulationen von Abgaswerten haben das Thema „Compliance“ in den vergangenen Jahren in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Dabei ist es eigentlich Aufgabe des Top-Managements zu überwachen, dass gesetzliche Vorgaben eingehalten werden. Ob es dazu einen unternehmerischen Handlungsspielraum und aufgrund der Business Judgement Rule einen haftungsfreien Ermessensspielraum hat, ist unter Juristen umstritten.

Mit dem sog. Neubürger-Urteil hat das Landgericht München (Urteil vom 10.12.2013 – 5 HK O 1387/10) entschieden, dass eine nicht delegierbare Pflicht der Geschäftsleitung besteht, das Unternehmen so zu organisieren und zu beaufsichtigen, dass keine Gesetzesverletzungen stattfinden. Falls eine entsprechende Gefährdungslage besteht, müsse eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegte Compliance-Organisation eingerichtet werden. Und werden Gesetzesverletzungen bekannt, seien Maßnahmen zur Effizienzsteigerung des Compliance-Systems erforderlich. Verfehlt die Geschäftsleitung diese Anforderungen, genüge für eine persönliche Haftung bereits leichte Fahrlässigkeit.

Auch wenn es sich dem Neubürger-Urteil nicht ausdrücklich entnehmen lässt, ist der Vorstand nach Auffassung namhafter Juristen rechtlich ein „Garant“, d.h. er muss mit Blick auf sein Unternehmen als „latente Gefahrenquelle“ alles Zumutbare unternehmen, um legales Verhalten sicherzustellen. Dies aber liegt nicht im Ermessen des Vorstands, so dass die Business Judgement Rule hier nicht gilt. Vorstände sollten also ein funktionierendes Compliance Management System einrichten und dies sowie die Überwachung der Funktionsfähigkeit dokumentieren.

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